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Darauf vertrauen, dass alles seinen Weg geht

Von ZÄ Anna Luderer

Unsere Famulatur hatten wir eigentlich schon 2020 mit einer anderen Organisation in Kenia geplant, aber wie vielen anderen auch, machte uns die Pandemie leider einen Strich durch die Rechnung. Anfang 2022 sind wir dann über Kommilitoninnen auf die Organisation Dental Volunteers gestoßen. Relativ schnell und unkompliziert konnten wir tatsächlich ein Reisedatum festmachen, und ehe wir es uns versahen stand fest: es geht nach Tanzania!

 

Erstmal mussten natürlich alle Reisevorbereitungen getroffen werden. Bezüglich der Impfungen haben wir uns vertrauensvoll an das Tropeninstitut der Unimedizin Mainz gewandt. Ansonsten hieß es: Spenden sammeln, Flüge buchen, Dokumente beantragen und  Reisepläne schmieden.

 

Am 28.03.2022 ging es endlich los. Wir starteten vom Flughafen in Frankfurt und reisten über Doha und den Kilimanjaro Airport nach Mwanza, was am Victoriasee im Nord- Westen Tanzanias liegt. Dort wurden wir von einem Driver mit der Ambulance abgeholt und fuhren in das St. Clare Hospital. Das Missionskrankenhau wurde von Dr. Thomas Brei gegründet. Dort sollten wir in den nächsten Wochen leben und arbeiten. Der Administrator der Klinik nahm uns in Empfang und zeigte uns unsere Zimmer, wo wir uns erst einmal akklimatisieren konnten und die anderen DVs und Freiwilligen kennenlernten. 

 

Am nächsten Tag ging es nach dem Frühstück los in Richtung Meno (wörtlich: „Zähne“, allerdings auch der Begriff für die Dental Unit der Klinik). Wir lernten Gabriel kennen, den Dental Therapist, der am Hospital angestellt ist, und die anderen DVs gaben uns eine kleine Einführung, wie die Dinge hier so laufen. Teilweise waren wir überrascht, wie strukturiert alles ablief und dass es tatsächlich auch ein Computerprogramm für die Patientendokumentation und für das Röntgen gab. Andererseits waren einige Dinge auch sehr improvisiert, wie zum Beispiel das „System“ zum Durchspülen der Schläuche, das aus einer abgeschnittenen Wasserflasche bestand. Angesichts der Tatsache, dass ganz normale Wäschebleiche als Spüllösung für die Wurzekanalbehandlungen benutzt wurde, mussten wir erst einmal kurz schlucken. Dagegen gewöhnten wir uns ziemlich schnell daran, dass mehrmals täglich der Strom ausfiel.

 

In der Dental Unit gab es insgesamt 3 Behandlungszimmer, zwei davon mit größtenteils funktionsfähigen Stühlen und einen dritten Raum (den sogenannten Dental Volunteers-Raum), der als Materiallager diente und in dem die meiste Zeit ein organisiertes Chaos anzufinden war. Der Stuhl im dritten Raum war leider nicht funktionsfähig, weshalb er nur zur Erstuntersuchung genutzt wurde, oder wenn sehr viel los war auch mal für Extraktionen.

 

In den kommenden Wochen war dies unser Basislager, von dem aus wir auch unsere mobilen Einsätze starten sollten. Allerdings kam alles ein wenig anders als geplant. Aufgrund der Bürokratie im Land und einiger anderer Hürden war es leider kaum möglich, viele Outreaches zu organisieren, daher behandelten wir größtenteils an der Klinik.  Dort versuchten wir, uns bestmöglich in das bestehende Konstrukt aus Improvisation und „wir machen das hier schon immer so“ einzufügen, ohne zu vernachlässigen, dass wir ja auch auf einer gewissen Mission waren – dem ansässigen Dental Therapist das ein oder andere deutsche Wissen zu vermitteln. 

 

Gabriel war wirklich einer der smartesten Menschen, die wir dort kennenlernten. Wir konnten so viel von ihm lernen, wofür wir unendlich dankbar sind. Egal ob im Umgang mit den Patient:innen, dem Heraussuchen der perfekten Zange oder beim Röntgen – Gabriel war immer mit einer helfenden Hand zur Stelle und hat uns den Alltag mit weisen Zitaten verschönert. Sein unermüdliches Mantra: „don´t give up, just keep going, hakuna matata“ hat mir persönlich wirklich sehr geholfen, den ein oder anderen Zahn doch noch aus der Alveole zu befördern. Im Gegenzug haben wir versucht, sein Wissen über Kompositfüllungen und Wurzelkanalbehandlungen zu erweitern und nach dem Motto „see one, do one, teach one“ in Teamwork Behandlungen durchzuführen, was uns allen sehr viel Spaß gemacht hat. 

 

Wenn wir dann doch mal zum Outreach gefahren sind, war es immer ein Abenteuer. Zu fünft oder sechst im kleinen Laderaum der Ambulance ging es über diverse bumpy roads, immer einen Rollkoffer mit Material und die mobile Behandlungseinheit im Gepäck. Wir behandelten und screenten Kinder, Jugendliche und teilweise auch Mitarbeitende aus einem Waisenhaus und einem betreuten Wochenendheim. Dabei wurden unsere kleinen Patient:innen meistens auf einen ganz einfachen Tisch gelegt oder konnten sich auf einen Gartenstuhl setzen, und dann ging es auch schon los mit der Behandlung. Die größte Herausforderung war meistens die Beleuchtung, da wir nur mit Stirnlampen behandeln konnten und die Trockenlegung, die sich ohne Sauger (da oft kein Strom) schwierig gestaltete. Mit vielen Händen und einer Menge Geduld klappte es am Ende aber doch immer ganz gut.

 

Mein persönliches Highlight war unser Besuch an der Victoria School in Malimbe. Eine Pre- und Primary-School, die nach dem Montessoriprinzip ausbildet und von der Lichtensteinerin Johanna und ihrem Mann Swithbert, der aus Tanzania stammt, geleitet wird. Wir screenten dort Kinder im Alter von ca. 4-5 Jahren, versuchten Mundhygiene-Prinzipien und richtige Ernährungsweisen zu vermitteln, und haben anschließend mit der ganzen Rasselbande noch ein Zahnputz-Training gemacht, was wirklich traumhaft anzusehen war. Vor Lachen blieb kein Auge trocken und die T-Shirts der Kinder leider auch nicht. Wir hatten das Glück, an einem Freitag dort zu sein, und konnten so noch den „Sports and Games Day“ an der Schule miterleben. Die Kinder können an verschiedenen Stationen draußen Sportarten und Spiele ausprobieren und erlernen, wie zum Beispiel Fußball oder African Dance. Es hat so viel Spaß gemacht, dem bunten Treiben zuzuschauen und die Freude bei den Kindern zu sehen, wodurch es wirklich ein sehr schönes und besonderes Erlebnis war. Wir wurden natürlich auch nicht verschont und konnten garnicht so schnell schauen, da befanden wir uns schon mitten in einer African Dance Choreografie, begleitet von rhythmischem Trommeln und der Trillerpfeife des Trainers. Die Kinder hatten natürlich auch viel Spaß daran, ein paar „Mzungus“ (=Weiße) dabei zu beobachten, wie sie versuchten, die Hüften richtig zu schwingen.

 

Mit vielen Erinnerungen im Gepäck und um einige Erfahrungen reicher verließen wir knapp fünf Wochen später Mwanza und starteten unsere Safari. Auf dem Weg nach Arusha durchquerten wir die Serengeti, den Ngorongoro Krater und den Tarangire Nationalpark und kamen aus dem Staunen garnicht mehr heraus. Schließlich zog es uns noch für ein paar Tage nach Sansibar, wo wir erst zwei Nächte in Stonetown verbrachen und anschließend noch in Paje den weißen Sandstrand und das türkisblaue Wasser genießen durften.

 

Wie auf jeder längeren Reise gab es auch bei uns Höhen und Tiefen. Oft waren wir frustriert, weil grundlegende Dinge wie Kommunikation und Abmachungen einfach nicht auf die Art und Weise funktionierten, wie wir es aus Deutschland kennen. Uhrzeiten wurden so gut wie nie eingehalten und wenn es ein Problem oder einen Konflikt gab, wurde das Ganze oft einfach unter den Teppich gekehrt anstatt zu versuchen, eine Lösung zu finden. Außerdem ist es kaum möglich, NICHT aufzufallen, wenn man außerhalb des behüteten Klinikkomplexes unterwegs ist. Als Weiße sticht man heraus wie ein buntes Pferd, nicht selten wird einem das Wort „Mzungu“ hinterhergerufen – eine Tatsache, an die ich mich auch nach 7 Wochen Tanzania nicht gewöhnen konnte.

 

Trotz allem überwiegen für mich die positiven Erinnerungen. Zum einen bin ich immernoch geflasht von der Lebensfreude der Menschen, die ich kennenlernen durfte und sofort ins Herz geschlossen habe. Auch wenn es nicht immer so schien und ich mich gelegentlich fragte, in welch komische Situationen wir uns manövriert hatten – es gab doch immer für alles eine Lösung. Manchmal dauerte alles doppelt und dreifach so lange wie in Deutschland, aber irgendwie kamen wir doch immer ans Ziel. Ich habe gelernt, darauf zu vertrauen, dass alles seinen Weg geht und man sich nicht immer den Kopf zerbrechen muss über Probleme, die vielleicht in der Zukunft entstehen. Vielmehr sollte man den Moment leben und das, was jetzt gerade um einen herum stattfindet, aktiv wahrnehmen und genießen. Ich habe versucht, ein bisschen von der „polepole“ (langsam, immer mit der Ruhe) Einstellung einzupacken und mit  in unser „haraka haraka“ (schnell, schnell) Deutschland zu nehmen, was zwar nur bedingt klappt, aber immerhin.

Zum anderen habe ich auch fachlich sehr viel dazulernen dürfen. Die unendliche Geduld der Menschen hat dazu beigetragen, dass man Berührungsängste verliert und neues Praxiswissen aufnehmen konnte, ohne Angst zu haben, den ganzen Betrieb aufzuhalten. Dafür bin ich allen Beteiligten sehr dankbar.

 

Ein großes Dankeschön geht natürlich auch an alle Dentalfirmen und Praxen sowie an das HDZ, die uns Spenden, Fördergelder und Materialien zur Verfügung gestellt und damit einen solchen Einsatz erst möglich gemacht haben.

Asante sana!

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